Vormoderne Subjektentwürfe und in der näheren Gegenwart gelagerte Theorieansätze zur Subjektivität sind notwendigerweise durch eine epistemologische Distanz voneinander getrennt. Aus dieser Distanz folgt jedoch nicht zwangsläufig eine grundsätzliche Disparität. Das interdisziplinäre Netzwerk mit literaturwissenschaftlichem und kulturtheoretischem Fokus geht der Frage nach, inwieweit zwischen Subjektentwürfen an den beiden zeitlichen 'Rändern' der Moderne konzeptuelle Affinitäten bestehen, die eine Verschränkung historischer Texte und zeitgenössischer Subjekttheorien legitimieren. Untersucht werden jeweils theoretische und fiktional-literarische Entwürfe von Subjektivität in Texten vor und nach einer vom kartesianischen Subjektbegriff bestimmten Moderne (ca. 1400 bis 1650 sowie ca. 1960 bis heute). Fünfzehn (schwerpunktmäßig postdoktorale) WissenschaftlerInnen der Komparatistik, Romanistik, Germanistik, Judaistik und Philosophie führen dazu kulturtheoretische, literatur-, geschichts- und medienwissenschaftliche Zugänge zusammen und beleuchten die Subjektproblematik aus transhistorischer und interkultureller Perspektive.
- Das Netzwerk geht dabei davon aus, dass gerade die Liminalität zum modernen Paradigma Affinitäten in der Konzeption von Subjektivität und Körperlichkeit begünstigt, und dass die die gemeinsame Kategorie des ‚Nicht-Modernen‘ einen Konvergenzraum bietet für in verschiedenen historischen und epistemologischen Kontexten verortete Subjektkonzeptionen.
- Über die forcierte Herstellung einer ‚Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen‘ hinaus soll diskutiert werden, in welchen Konstellationen anachronistische Brückenschlage besonders legitim und ergiebig sein können, um dadurch Erkenntnisse in Bezug auf beide epistemischen Kontexte zu gewinnen.
- Das Netzwerk will kritisch in Frage stellen, welche ideologischen Implikationen eine Vereinnahmung vormoderner Subjekte durch den anachronistischen Blick der Gegenwart hat und dabei das Erkenntnispotential einer asynchronen Literaturkritik an vormodernen Texten diskutieren.
- Gleichzeitig zielt die gemeinsame Arbeit aber gerade auch darauf, durch die wechselseitige Durchdringung vor- und nachmoderner Konzepte das Potential historischer Konfigurationen und vormoderner fiktionaler Modellierungen für die aktuelle Theoriebildung ausloten.
- So will das Netzwerk eine wissenschaftstheoretische Sensibilisierung für anachronistische theoretische Verschränkungen anstellen und einen Beitrag zur aktuellen Subjektforschung leisten.